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Für Herz und Hirn erzählt

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Zu sehen ist ein Mann auf einer Bank, der erschöpft ist - für Geschichten.

Gegenwart - gegen das Warten

Nach einer anstrengenden Arbeitswoche setzte sich ein Mann am Wochenende müde, fast ein wenig lebensmüde auf die Bank in seinem Vorgarten und schlief ein. Sein Leben war so unermüdlich schwer… 

Im Traum erschienen ihm drei Frauen. Die erste war sehr hager. Sie trug einen  schwarzen Mantel und kam ihm fast vor wie „der Tod auf Latschen“. Ohne den Mann richtig anzuschauen, redete sie unermüdlich auf ihn ein: „Weißt du noch…? Damals – als Kind – hast du unermüdlich darunter gelitten, dass dein Vater mehr in seiner Firma war als zu Hause. Wie gern hättest du mit ihm an deiner Eisenbahn oder später am Motorrad gebastelt, aber er war immer gestresst … erschöpft … geschafft. Er hatte keine Zeit für dich … wollte Geld verdienen, damit er euch alles kaufen konnte, was ihr  brauchtet. Wirklich gut meinte er es, bis der Schock kam … mit 56 … der Herzinfarkt. Wie wütend, wie traurig, wie erschrocken warst du, als ihr ihn viel zu früh zu Grabe tragen musstet. Natürlich zeigtest du niemanden deine Gefühle; du musstest ja stark sein – für den Rest der Familie… Dann übernahmst du die Firma. Du wolltest alles anders machen als dein Vater. Du hattest vieles umstrukturiert … erweitert … vergrößert, sodass du echt erfolgreich wurdest. Aber deine Kinder…  Und – warst du auch für deine Partnerin da, bevor sie fortging?“

Die zweite Frau trat hervor. Sie war zwar groß, aber irgendwie schien sie auch klein zu sein … wie jemand, der noch gar nicht richtig entwickelt war. Auch sie schaute an dem Mann vorbei und sprach zu ihm: „Wenn du so weitermachst, dann… Du weißt ja nicht, was ich weiß. Aber an deiner Stelle würde ich mir Sorgen machen; ich würde Angst kriegen. Deine Tochter wird… Und deine Partnerin plant auch schon…“

Vehement schob die dritte Frau die zweite beiseite. Als einzige war sie hell gekleidet. Ihr langes blondes Haar wehte im Wind, und dadurch hatte sie etwas Lebendiges an sich. Mit sanfter Stimme ermutigte sie den Mann: „Sieh dich um … wie schön die Welt ist. Der Himmel ist blau. Die Blumen in deinem Vorgarten blühen. Und – du bist gesund…“ Die Frau setzte sich zu dem Mann auf die Bank, umarmte ihn – wie eine gute Freundin und sah ihn direkt an … für einen langen Augenblick. „Ich kann dir helfen, aufgeweckt durch dein Leben zu gehen … bewusst zu fühlen … anders zu denken … Dinge zu ändern. Du müsstest dich allerdings ganz auf mich einlassen…“

„Wer bist du denn?“, wollte der Mann – neugierig und von dem Liebreiz dieser Frau angezogen – wissen.

„Darf ich vorstellen?“, antwortete sie, während sie zunächst auf die anderen beiden verwies. „Das ist meine große Schwester: die Vergangenheit. Sie ist eigentlich schon längst von der Bildfläche verschwunden … lebt gar nicht mehr richtig. Und das ist meine kleine Schwester: die Zukunft. Im Grunde spielt sie überhaupt noch keine Rolle … ist nicht einmal geboren. Nur ich bin im Augenblick real. Ich lebe mit dir, für dich, durch dich. Mein Name ist Gegenwart.“

Der Mann wachte auf und erkannte, welche Hoffnung der Traum in ihm geweckt hatte. Denn während die Vergangenheit ihm bislang und gerade wieder nur vor Augen gehalten hatte, was in der Rückschau an Schmerzhaftem zu sehen war, nahm die Zukunft ausschließlich das Sorgenvolle und Ängstliche in den Blick. Doch die Gegenwart guckte – mit ihm zusammen –  auf die Chancen im Heute, Hier und Jetzt. Sie legte es in seine Hand, das Leben zu umarmen … Rückschlüsse zu ziehen und vorausschauend Veränderungen vorzunehmen; sie hatte ihm vor Augen geführt, dass die Gegenwart gegen das Warten war. Und das war traumhaft!

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